Realschule

Details zur Matura und zur Mittelschulzeit

Unterstufe

Die Anmeldung in der Realschule in Simmering in der Gottschalkgase quittierte Direktor Frenzel mit den Worten „Na, wir werden ja sehen…“ und das bezog sich auf meine „Herkunft“ aus der tschechischen Schule. In der Masse der Schüler bin ich aber nicht weiter aufgefallen, wohl aber durch meine vergleichsweise chaotischen Lernbemühungen, die der Klassenvorstand Otto Kasper gegenüber meiner Mutter regelmäßig mit der Formel „er wäre ja nicht dumm, aber faul ist er halt“ illustrierte.

Die Unterstufe der Realschule war gleichzeitig der Zeitraum, an dem ich gleichzeitig die Schule und auch die Sprache wechselte. Nicht von einem Tag auf den anderen aber meine Unterrichtssprache wechselte von Tschechisch auf Deutsch. Und während ich bis zur vierten Volksschulklasse nach Hause kam und selbstverständlich in Tschechisch über die Schule berichtete, begann sich das in der Unterstufe zu verändern. Und erst jetzt dürfte mir überhaupt aufgefallen sein, dass meine Großmutter gar nicht gut Deutsch gesprochen hat. Dieser Wechsel in meiner Umgangssprache war ziemlich fließend, eben mit der Zunahme an Kontakten zu den anderen Schulkindern.

Es ist bemerkenswert, dass ich von niemandem, weder von Lehrern noch von Mitschülern feindselig wegen meiner tschechischen Abstammung angesprochen wurde. Heute ist das Klima gegenüber Zuwanderern vergleichsweise sehr schlecht.

Ich hatte gegenüber den Mitschülern einerseits große Freiheiten, weil meine Eltern den ganzen Tag im Geschäft waren und sich daher nicht um mich kümmern konnten. Diese Freiheiten waren aber auch sehr nachteilig für mich, denn die Großmutter hatte zu wenig Autorität, denn sie war sehr wenig beweglich, um mich bei meinen Hausaufgaben zu kontrollieren und so blieben diese meist unbearbeitet.

Es kam, wie es kommen musste, und ich schlitterte in der dritten Klasse in eine Wiederholungsprüfung in Englisch.

Dieses dritte Jahr war sehr ereignisreich. Im Juli fuhr ich auf ein Pionierlager in Tschechien.

Im August sollte aber gelernt werden. Mein Freund Gerhard Walter war ein viel besserer Schüler und meine Mutter hat ihn eingeladen, vierzehn Tage bei uns in Kritzendorf zu verbringen und mit mir zu lernen. So war es dann auch und ich habe dank seiner Hilfe, die Wiederholungsprüfung geschafft und danach war auch keine weitere mehr nötig.

Oberstufe

Ab der fünften Klasse hat sich mein Notenschnitt verbessert. Einerseits war es sicher der Umstand, dass der Altersunterschied zu den anderen nicht mehr so viel ausgemacht hat und anderseits saß ich ab jetzt neben einem sehr motivierten Freund, Günter Schranz, mit dem ich auch gemeinsame Lernbemühungen unternahm, und das machte sich bezahlt. Ich kam durch diese Freundschaft auch einmal raus aus unserem einfachen Haushalt und ich lernte einen sehr gepflegten Haushalt und eine sehr positive Lernumgebung kennen.

In den Ferien der siebenten Klasse erwachte die Reiselust bei Günter und mir. Wir planten eine Reise per Autostop in den Süden. So genau legten wir das Reiseziel gar nicht fest. Da aber meine Eltern einem solchen Abenteuer nicht zugestimmt hätten, musste ein kleiner Schwindel herhalten. Ich verkündete, dass meine Pfadfindergruppe ein Lager in Seckau veranstalten würde und ich dort mitfahre. Am Morgen der Abfahrt trafen wir im Herderpark vor der Schule zusammen, bewaffnet mit je einem Seesack; in einem war ein Zelt, im anderen alles andere. Dann ging es zur Triester-Straße, zunächst natürlich mit der Straßenbahn. Die erste Mitfahrgelegenheit brachte uns nach Wiener Neustadt und irgendwie kamen wir dann bis in die Steiermark. Dort blieb freundlicherweise wieder ein Auto stehen und es war eine besondere Überraschung, denn es war Familie Werstadt, die Eltern unserer Mitschülerin Ali, die unterwegs zu ihrem alljährlichen Italien-Urlaub waren. Sie nahmen uns bis zum Ossiacher-See mit und wir schlugen dort erstmals unser Zelt in Sattendorf auf. Der See war warm, wir schwammen weit hinaus. Aber die Nächte waren kalt und das Zelt allein war da zu wenig. Wir zündeten Kerzen an, um uns zu wärmen und waren dabei zu laut. Eine nette Familie am selben Campingplatz versorgte uns mit einer Decke und danach ging’s einigermaßen. Wie es dann weiterging, weiß ich nicht mehr genau aber wir erreichten in einem weiteren Reisetaag Grado, wo wir dann etwa eine Woche campierten. Die Nächte waren dort ziemlich warm, daher musste wir keine Kerzen mehr abbrennen. Die Heimfahrt war einfach, denn wir fanden eine Mitfahrgelegenheit bei einem Italiener, der sich Wien anschauen wollte. Wir lotsten ihn bis zu seinem Hotel in der Innenstadt – es war das Hotel Wandl am Petersplatz – und zeigten ihm am nächsten Tag die Stadt. Er war aber an Details nicht interessiert. Zu Mittag aßen wir in einem heute nicht mehr bestehenden Restaurant im Schlosspark von Schönbrunn, unterhalb der Gloriette. Dann verabschiedeten wir uns wieder von ihm.

Mit meiner Ausrede gegenüber meiner Mutter hatte ich ein bisschen Pech, denn genau in jener Woche gab es im Raum Seckau Unwetter und meine Mutter war besorgt und rief unseren Feldmeister Karl „Charly“ Sacky an, und der wusste natürlich nichts von einem Pfadfinderlager. Na ja, das wichtigste war dann schließlich, dass alles gut vorbeigegangen ist und dass die Redensart, „Wer viel fragt geht weit irr“ viel Wahres enthält.

Nach der Mittelschulzeit

Was ich mir von der Mittelschulzeit gemerkt habe, ist das befreiende Gefühl danach. Als ich mit dem Studium begann, tat ich das mit einer vorher völlig unbekannten Motivation. Vielleicht auch, um mir selbst zu beweisen, dass meine Schutzbehauptung gegenüber unserm Philosophieprofessor Hadriga, dass ich seine Thesen (seine Fächer waren Psychologie und Philosophie) in meinem Beruf nicht brauchen würde, im Nachhinein bestätige; ich weiß es nicht. Aber damals – und das ist sicher – habe ich auf die Mittelschulzeit mit großem Unbehagen zurückgeblickt und allein dieser Rückblick hat jede einzelne Prüfung auf der Hochschule zu einem Kinderspiel gemacht.

Meine damalige Ablehnung der Philosophie zeigt aber auch, dass Menschen für vorgegebene Lerninhalte nicht in jedem Lebensalter gleich empfänglich sind. Heute würde ich Philosophie mit viel größerem Interesse verfolgen.