Wirkungen
Als Wirkstoffe bezeichnet man Substanzen, die in Organismen eine Wirkung hervorrufen. Um eine Wirkung zu erzielen, benötigt man eine gewisse Menge einer Substanz. Geringere Mengen bewirken nichts, größere Mengen können gefährlich sein.
Im 16. Jahrhundert formulierte Paracelsus: „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei.“
Dem ist nicht allzu viel hinzuzufügen, unser täglicher Umgang mit Substanzen aller Art bestätigt Paracelsus auch heute. Eine Schlaftablette pro Tag kann wohltuend sein, eine ganze Schachtel eher weniger.
Homöopathie
300 Jahre nach Paracelsus, ergänzte Samuel Hahnemann das Wirkungsprinzip des Paracelsus, in dem er die „Wirkung des Nichts“ erfand.
Homöopathie behauptet, „Ähnliches möge durch Ähnliches geheilt werden“ (lateinisch similia similibus curentur), doch wissen wir, dass in den verkauften Wässerchen und Kügelchen wenig bis nichts von der ursprünglichen Substanz enthalten ist. Und ein „Nichts“ ist allem ähnlich. Homöopathie ist eine behauptete Wirkung durch Nichts. Im Wikipedia-Artikel über Homöopathie werden die angewendeten Verdünnungsgrade genau beschrieben.
Man hat den Eindruck, als würden die Menschen einfach durch die größer werdenden Zahl der Potenz von der Wirkung überzeugt. In ihrer Vorstellung besteht ein linearer Zusammenhang zwischen der postulierten Wirkung und der größer werdenden Zahl. Dass diese größer werdende Zahl aber eine Verdünnung charakterisiert, scheint den Anhängern der Homöopathie zu entgehen. D4 ist besser als D2 und D24 ist überhaupt gut. D24 bedeutet 1:1024 = 1:1.000.000.000.000.000.000.000.000 (=C12). Ein Tropfen verdünnt im Wasservolumen des Atlantik!
Wie erkennt man ein Homöopathikum?
Homöopathikum Restaxil
Derzeit wird auf allen Sendern das Medikament „Restaxil“ gegen Nervenschmerzen angeboten.
Weder in der Werbung im Fernsehen noch beim Apotheker und auch nicht im Beipacktext wird etwas darüber gesagt, dass es sich um ein Homöopathikum handelt. Es kostet stolze 35,- Euro und enthält:
0,1 g Gelsemium sempervirens Dil. D2
0,4 g Spigelia anthelmia Dil. D2
0,1 g Iris versicolor Dil. D2
0,5 g Cyclamen purpurascens Dil. D3
0,2 g Cimicifuga racemosa Dil. D2
Der Beipacktext unterscheidet sich nicht von dem eines Arzneimittels, mit einem kleinen Unterschied. Zu beachten ist der Zusatz „Dil. D2“. Das ist der einzige Hinweis im Beipacktext darauf, dass es sich um ein Homöopathikum handelt. Der Zusatz „Dil. D2“ bedeutet, dass 1g Wirkstoff in 100 g (10²g) Flüssigkeit aufgelöst wird, „D3“ in 1000g. Der Apotheker macht darauf genau so wenig aufmerksam wie die Fernsehwerbung. Und Restaxil wirkt – in der gewünschten Richtung! Es reduziert Deinen Kontostand, der Rubel rollt.
Hochpotenzen
Bei diesen niedrigen Potenzen der Ausgangsstoffe von Restaxil, 1:100 und 1:1000, kann man noch davon sprechen, dass kleine Reste der Ausgangssubstanz im Homöopathikum enthalten sind.
In den als Hochpotenzen angebotenen Homöopathika ist der Verdünnungsgrad aber so hoch, dass tatsächlich nichts mehr vom ursprünglichen Stoff in dem Wässerchen enthalten ist. Dennoch wird dem Mittel eine Wirkung unterstellt, die darauf beruhen soll, dass sich die Flüssigkeit „merkt“, mit welchem Stoff sie ursprünglich in Berührung gekommen ist.
Nun wissen wir aber alle als Amateur-Informatiker und einfache Menschen, dass man – um sich etwas zu merken – Strukturen braucht, die es erlauben, den einen ursprünglichen Stoff vom anderen zu unterscheiden. Je mehr verschiedene Informationen wir unterscheiden wollen, desto größer muss der betreffende „Speicherchip“ sein. Nicht umsonst ist unser Gehirn das komplexeste Objekt das wir kennen. Und natürlich kann sich unser Gehirn merken, welche Substanz man gerade konsumiert hat.
Aber ein simples Wassermolekül kann sich nichts merken, weil es keine verschiedenartigen inneren Zustände annehmen kann.
Was also kann es sein, das Ärzte veranlasst, Homöopathika zu verschreiben und Patienten veranlasst, an ihre Wirkung zu glauben? Hier ein Interpretationsversuch:
Möglicher Sinn der Homöopathie
Zur Ehrenrettung von Hahnemann könnte man anführen, dass die damals üblichen Behandlungen der Schulmedizin wie Schröpfen oder Aderlass Patienten eher geschwächt als geheilt haben. Im Nachhinein könnte man Hahnemanns Vorgangsweise als den Versuch interpretieren, eine wissenschaftlich anmutende Methode anzubieten, die wenigstens den einen Vorteil hatte, den Patienten der brutalen Schulmedizin zu entreißen.
Dass die Homöopathie heute boomt und den Patienten von durchaus seriösen Ärzten empfohlen wird, hat aber wahrscheinlich andere Gründe. Würde der Arzt dem Patienten reinen Wein einschenken und ihm sagen, dass die Schulmedizin im konkreten Behandlungsfall nichts anzubieten hat und die Homöopathie nicht wirkt, besteht die Gefahr, dass sich der Patient von der Schulmedizin abwendet und bei zweifelhaften Nicht-Medizinern landet, was in einem späteren Ernstfall tragisch enden könnte. Daher kann die Verabreichung homöopathischer Mittel durch den behandelnden Arzt einem Patienten auf lange Sicht das Leben verlängern, einfach durch die Bindung an einen erfahrenen Mediziner.
Damit aber das Vertrauen in das Homöopathikum ebenso groß ist wie zu einer Arznei mit einem Wirkstoff, muss die Konfektionierung inklusive Beipacktext der eines Arzneimittels gleichen. Der einzige Unterschied sind die Verdünnungen D3 (1:1.000) oder C6 (1:1.000.000.000.000). So ausgestattet bietet ein Homöopathikum die Wirkung eines perfekten Placebo. Es macht den Patienten glauben, eine Wirkung würde stattfinden, und es findet auch eine Wirkung statt, nämlich durch die Kraft der Überzeugung, dass es eine Wirkung hat. Aber nur, wenn man die Mechanismen dahinter nicht nennt und alle so tun „als hätte der Kaiser neue Kleider an“. Menschen, die an Homöopathie glauben, haben also gegenüber den Skeptikern diesen einen Vorteil der Placebowirkung.
Heute ist es also umgekehrt als zu Hahnemanns Zeiten. Damals befreite die Homöopathie den Patienten aus den Klauen der Schulmedizin, heute bewirkt sie, dass der Patient das Vertrauen in die Schulmedizin nicht verliert.