Man ärgert sich, dass man beim Mac von Anglikanismen umgeben ist und wird bei einem ur-volkstümlich scheinenden Bierfest jetzt schon sogar von den bairischen Nachbarn sprachlich unterwandert.
Diese Aufschrift „Noch 50 m zur Gaudi!“ begrüßt Dich in diesen Tagen am Eingang zum Prater und weist in irritierender Art auf die „Wiener Wiesn“ hin.
„Gaudi“ ist einfach nicht wienerisch, es ist bairisch und „net von då“.
Niemanden stört’s, außer den Wiener, der um seinen Dialekt besorgt ist.
Man könnte einwenden, dass es darum geht, das bairische Bierfest nach Wien zu „portieren“ und daher verwende man auch die bairische Mundart. Wenn man dann aber etwas kopiert, dann ordentlich. Typisch bairisch sind Bierzelte. In Wien schafft man es aber nicht, die hier ansässigen Brauereien ins Boot zu holen. Gösser ist allein auf weiter Flur. Ein sonderbares Bierfest. Ein „Wiesbauer-Zelt“ und ein „Wojnar-Zelt“ sind ganz und gar nicht typisch bairisch, denn ein Bierzelt ist in München das, was der Name sagt, ein Zelt unter der Patronanz einer Brauerei.
Wenn es aber nur so etwas Ähnliches ist wie das Münchner Oktoberfest, dann kann man ruhig auch die hier in Wien übliche Mundart verwenden, es gibt ohnehin genug Einflüsse, derer wir uns nicht erwehren können. Verwenden wir sie also dort, wo es in unserem Bereich liegt.
Richtig wäre
„Gaudi„ ist ein bairisches Wort, das im Wienerischen „Gaudee“ heißt.
Man muss nur entweder bodenständigen Wienern „aufs Maul schauen“ oder eben in einschlägigen Wörterbüchern blättern.
Im „Teuschl“ steht zum Beispiel:
Gaudee/gaudä, auch gaudä (f.) Vergnügung; zwecks Gaudee: spaßhalber. lat. gaudium
und im „Wehle“
Vergnügen, Spaß; aus der Studentensprache v. lat. gaudium – Freude; (H) kennt nur eine trochäische Gaudi, aber der Akzent verlagerte sich – anders als im bairischen – auf die letzte Silbe, vielleicht weil es die Wienerlieder-Autoren so brauchten; jambisch: Gaudee; Ausspruch eines Wiener Jungbürgers: gestern hämma in der Diskothek a pätzn Dis-Gaudee ghabt
Dagegen „Gaudi“ in der bairischen Wikipedia
A Gaudi oda a Hetz hod ma, wen wos lusti is, wen ma Spass hod und si amisiat. A Gaudi kon aa a Witz oda Scheaz sein. Im Sinn vo Unernst kann da Satz „Is ja grod a Gaude“ als Entschuidigung heahaltn, wenn wer wega r am Gspoaß eigschnappt is. S lateinische Wort gaudium (Fraed) kimmt vom Verb gaudere (si gfraen). Es hat aber a Bedeitungsvoschiabung mitgmacht; wae de lateinische Bedeitung is: a staade, hoamliche Fraed. Füa r a Gaude in unserm Sinn sogt ma r auf Lateinisch besser laetitia. Gaudiwuam is a Bezeichnung fian Foschingsumzug.
Entweder nennt man das Fest „Theresienwiesn in Wien“, dann kann das „Gaudi“ so bleiben, weil es ein bairisches Wort ist. Da das Fest aber „Wiener Wiesn“ heißt, dann wäre „Gaudee“ richtig.
Genaugenommen sollte es aber „Weaner Wiesn“ heißen.
Literatur
- Teuschl Wolfgang, Wiener Dialekt Lexikon, Verlag Karl Schwarzer, 1990
- Wehle Peter, Sprechen Sie Wienerisch? von Adaxl bis Zwutschkerl, Ueberreuter, 1980
- „Gaudi“, Eintrag in der bairischen Wikipedia: https://bar.wikipedia.org/wiki/Gaudi
- Bilder von der „Wiener Wiesn“
- Homepage der „Wiener Wiesn“